Therapeutisch-philosophischer Exkurs: Stehen Osteopathie und Chiropraktik im Widerspruch zueinander?

Vielleicht wundern Sie sich ja, dass ich zwei auf den ersten Blick so unterschiedlich anmutende Therapieverfahren wie Chiropraktik und Osteopathie anwende. Hierzu sei zunächst einmal angemerkt, dass sich die Chiropraktik in Amerika aus den Anfängen der Osteopathie entwickelt hat. Wer beide Behandlungsformen erlernt, erfahren und erprobt hat, weiß, dass ihre Vorgehensweise diametral entgegengesetzt ist und doch das Behandlungsergebnis häufig sehr ähnlich ist. Die Praxis zeigt, dass eine Kombination beider Stile hervorragend bei vielen Beschwerden anwendbar ist. Leider jedoch wird es häufig zur Weltanschauungsfrage stilisiert, ob jemand sich eher als Funktioneller Osteopath oder strukturalistisch denkender Chiropraktiker sieht.

Die überzeugte Funktionalistin geht meist davon aus, dass die strukturelle Unordnung lediglich eine Folge der wirkenden Spannungsmuster darstellt. Ein respektvolles Eingehen auf die innere Richtung und die Möglichkeiten des Patienten ist somit heilsamer und andauernder als ein kurzer Ruck, dessen Wirkung durch das immer noch verstellte Spannungsgefüge nicht lange anhalten wird, so dass das behandelte Gelenk über kurz oder lang in die Fehlstellung zurückzukehrt. Korrigierende Manipulationen werden dann schnell als plumpe symptomatische Behandlung disqualifiziert, ohne jede ganzheitliche Erwägung und Einbeziehung der Lebensbedingungen, Lebensweise und Einstellung des Patienten.

So unsinnig eine solch polarisierende Sichtweise ist, so weitreichende Konsequenzen hat der Konflikt zwischen beiden Richtungen auf die Verbreitung der Osteopathie als effizienter Form der manuellen Behandlung. Typische therapeutische Repräsentanten beider Richtungen sind im Funktionellen Sektor die Craniosakrale Körperarbeit und im Strukturellen Sektor die (in der Chiropraktik verwendeten) Impulstechniken. Da beide jedoch gute Ergebnisse in der Behandlung zeigen, kombiniere ich die Therapieformen nach den Erfordernissen der Problematik und den Wünschen des Patienten.